Nachrichten und Informationen aus der Barlachstadt Güstrow

Rede des Bürgermeisters auf dem Neujahrsempfang der Barlachstadt Güstrow am 11. Januar 2013

Sehr verehrte Gäste,

ich freue mich, dass Sie unserer Einladung zum Neujahrsempfang gefolgt sind und wir diesen Abend gemeinsam verbringen werden. Uns erwartet ein anspruchsvolles Programm und einige kulinarische Köstlichkeiten, die uns Güstrower Unternehmen heute präsentieren.

Der Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering, erklärte in der SVZ vom 31.12. zur Auswertung des Jahres 2012, dass die Tourismusbranche erfolgreich war. Land- und Ernährungswirtschaft und erneuerbare Energien haben sich gut entwickelt. Die Arbeitslosenzahlen sind weiter zurück gegangen und die Zahl der Arbeitsplätze ist gestiegen. Wichtigste Aufgabe aus seiner Sicht bleibt auch für das Jahr 2013 die Stärkung der Wirtschaftskraft. Zweitgrößte Aufgabe ist aus Sicht des Ministerpräsidenten die Stärkung des sozialen Zusammenhaltes. Ein weiterer Schwerpunkt der Landespolitik wird es sein, keine neuen Schulden im Jahr 2013 zu machen.

Wo steht die Barlachstadt im direkten Vergleich zum Land Mecklenburg-Vorpommern? Sind wir das Gallische Dorf unseres Landes? Ich sage: NEIN!
Touristisch legen wir den Schwerpunkt auf die Umsetzung des Projektes Erlebnisvielfalt Inselsee. Der 1. Bauabschnitt mit Drehbrücke und Bootsanlegern konnte abgeschlossen werden. Die Erweiterung des Hotels Kurhaus am Inselsee hat begonnen. Der Natur- und Umweltpark konnte seine Besucherzahl auf 150.000 im Jahr stabilisieren. Trotzdem war es eine durchwachsene Saison.
Negativstes Ereignis in der Tourismusauswertung der Stadt war die Schließung des Hotels Stadt Güstrow. Auch die technischen Probleme in der Oase haben die Nutzer verärgert. Der Rückbau der Rutsche hat für viele Diskussionen gesorgt.
Als gutes Zeichen werte ich, dass der Regionalverband der DEHOGA den heutigen Abend gestaltet – vielleicht ein neuer Ansatz zur Wiederbelebung der Veranstaltung „Güstrow kocht auf“.
Im Bereich der erneuerbaren Energien kann die Barlachstadt eine gute Entwicklung vorweisen.

  • Die Inbetriebnahme von 4 großen Photovoltaikanlagen – 1 x WEMAG, 3 x FP Lux Solar GmbH & Co. Güstrow,
  • die Weiterentwicklung des BioEnergieparkes NAWARO
    mit der Errichtung von Blockheizkraftwerken,
  • die Vorbereitung von Standorten für Blockheizkraftwerke durch die Stadtwerke Güstrow GmbH in der Altstadt und am Bärstämmweg

sind Zeugnisse dieser Entwicklung.
Negativ ist in diesem Zusammenhang die zusätzliche Belastung für die Bürger.
Die Erhöhung von Nutzungsentgelten führt bei den Stadtwerken zu einer Steigerung der Strompreise ab 01.01.2013 von über 5 Cent/kWh – in Abhängigkeit von den Tarifen um durchschnittlich 12 %.
Positiv steht zu Buche: die Arbeitslosenquote ist von 11,6 % im Jahr 2011 auf 10,6 % im Nov. 2012 gesunken. Neben den demographischen Auswirkungen hat dies mit der Zahl der Arbeitsplätze in der Stadt, die sich auf ca. 12.000 erhöht hat, zu tun.

Für das Jahr 2013 hat sich die Barlachstadt wieder einiges vorgenommen.
Ebenso wie im Land Mecklenburg-Vorpommern ist auch in Güstrow die Stärkung der Wirtschaftskraft erklärtes Ziel. Mit der Fortführung des Investitionsprogrammes auf hohem Niveau im Bereich der Altstadtsanierung und der  Infrastrukturerneuerung werden wir einen Beitrag dazu leisten. Besondere Bedeutung haben dabei die Schulbauvorhaben:

  • die Sanierung der Domschule als Haus III des J.-Brinckman-Gymnasiums für den Landkreis Rostock,
  • die Verlagerung des Schulstandortes der Hasenwaldschule in die Hafenstraße mit Hortneubau durch das DRK,
  • die vollständige Sanierung der Kerstingschule am Standort Heiligengeisthof mit Verlegung des Schulhofes sowie
  • die Vorbereitung des Ersatzneubaus für die Container der Thomas-Müntzer-Schule in Dettmannsdorf.

Auch andere Schulträger planen Baumaßnahmen an ihren Einrichtungen. Die Freie Schule führt den Ausbau mit der Erweiterung für den gymnasialen Abschluss durch und plant den Bau von Sportanlagen. Für die private Schule ecolea wird es am jetzigen Standort im ehemaligen Krankenhaus eng, so dass auch hier Entwicklungen notwendig werden.
Straßenbauvorhaben werden in den Straßen Pfahlweg, Schlossstraße, Am Berge, Zu den Wiesen, Elisabethstraße und Rostocker Chaussee in Angriff genommen.
Die Fortführung der Umsetzung des Projektes Erlebnisvielfalt Inselsee mit Fertigstellung des Fahrradhotels und Baubeginn für den 2. Bauabschnitt im Bereich des Badestrandes im Wertumfang von ca. 1 Mio. € stellen einen weiteren Schwerpunkt der Investitionstätigkeit im Jahr 2013 dar.
Erklärte Ziele in der Finanzwirtschaft sind die weitere Umsetzung der Doppik durch Fertigstellung der Eröffnungsbilanz und die zeitnahe Vorlage des zweiten doppischen HH-Entwurfes. Dabei wollen wir - wie das Land Mecklenburg-Vorpommern auch - keine neuen Schulden machen. Die Kreditbelastung der Stadt belief sich zum 31.12.2012 auf 10,8 Mio. €, darunter 2,7 Mio. € für die Oase. Für den Städtischen Abwasserbetrieb steht eine Kreditbelastung von 7,5 Mio. €, darunter 2,5 Mio. € für die Umfinanzierung der Abwasser Parum GmbH, zu Buche.
Dies entspricht bei ca. 30.000 Einwohnern einer Pro-Kopf-Verschuldung von ca. 610 €. Mit Blick auf die uns nachfolgenden Generationen sollte dieser Wert verkleinert werden.
Hilfreich wäre hierbei eine maßvolle Gestaltung der Kreisumlage.
Eine Aussage zum Jahresabschluss 2012 kann ich heute noch nicht machen. Erst nach Fertigstellung der Eröffnungsbilanz ist dies möglich. Nur soviel – 2012 musste die Stadt ihren Kontokorrentrahmen nicht in Anspruch nehmen und es wurde kein neuer Investitionskredit für städtische Investitionen aufgenommen. Unter den schwierigen äußeren Umständen verbuche ich dies als Erfolg.

Für den sozialen Zusammenhalt benötigt eine Stadt ausgewogene Verhältnisse beim Wohnen, Arbeiten und Leben. Mit den Investitionsvorhaben der Wohnungsgesellschaft Güstrow und der Allgemeine Wohnungsbaugenossenschaft Güstrow kann die Bereitstellung von modernem Wohnraum für alle Alters- und Einkommensgruppen weiter verbessert werden.
Bei der Kinderbetreuung wird es einen deutlichen Qualitätssprung durch den Hortneubau für die Hasenwaldschule am Standort in der Hafenstraße geben.
Der soziale Zusammenhalt funktioniert nur mit starken Partnern vor Ort.

Diese Partner werden heute Abend durch Sie

  • die anwesenden Unternehmer,
  • Geschäftsführer,
  • Vorsitzenden von Vereinen,
  • ehrenamtlichen Helfern und
  • verdienstvollen Bürgern

vertreten.

Der Ministerpräsident hat folgende Worte zum sozialen Zusammenhalt gefunden, ich zitiere:  „Auseinander gehen die Meinungen, wenn danach gefragt wird, wie sich der soziale Zusammenhalt bei uns entwickelt hat. Dabei gibt es Hunderttausende, die sich für andere engagieren: in der Freiwilligen Feuerwehr, im Sportverein, bei der Betreuung älterer Menschen, in der Kinder und Jugendarbeit. Vielleicht nehmen wir dieses Engagement manchmal schon zu selbstverständlich. Das ist es aber nicht. Ich danke allen, die sich ehrenamtlich für andere und für unsere Gesellschaft einsetzen.“

Diesem Dank schließe ich mich an und komme nun zu einem Problem, das uns als Kreisstadt sehr beschäftigt. Die Ansiedlung eines Asylbewerberheimes in der Barlachstadt ist für den Landkreis Rostock durch die Bürgerproteste nicht einfach.

Hierzu erzählte Bürgermeister Uwe Meister auf dem Neujahrsempfang in unserer Partnergemeinde Kronshagen am Mittwoch dieser Woche folgende Geschichte, die, wie ich meine, zum Thema sozialer Zusammenhalt sehr gut passt:

„Eine ältere Dame steht im Selbstbedienungsrestaurant in der Schlange und holt sich eine Terrine Erbsensuppe. Am Tisch stellt sie fest: Die Wurst fehlt. Sie setzt die Terrine ab und reklamiert an der Theke. Selbstverständlich bekommt sie einen Teller mit der fehlenden Wurst. Wieder zurück sieht sie, dass an ihrem Tisch ein Afrikaner sitzt und ihre Erbsensuppe probiert. Die alte Dame überlegt, was soll ich tun? Weil sie sich keinesfalls in den Verdacht der Ausländerfeindlichkeit bringen will, setzt sie sich zu dem Afrikaner an den Tisch. Sie zerteilt die Wurst in kleine Stücke, die sie je zur Hälfte dem jungen Mann und sich in den Teller füllt. Dann holt sie sich noch einen zweiten Löffel und eine Kelle, füllt sich die Suppe in ihren Teller und beide essen gemeinsam den Erbseneintopf. Der junge Mann steht zwischendurch auf und besorgt zwei Glas Bier, man prostet sich zu und nach einem gemeinsamen Kaffee verabschiedet der junge Mann sich höflich.
Ein wenig trauert die alte Dame ihm nach. Sie will jetzt auch gehen und langt nach ihrer Handtasche. Doch die Tasche ist verschwunden. Um Himmels Willen! Der junge Mann – ein Dieb? Nach verzweifelter Suche findet sich endlich die Tasche. Am Nachbartisch, und da steht auch die volle Terrine mit der Erbsensuppe, und langsam beginnt die alte Dame zu begreifen…

Wir sollten häufiger vertrauensvoll das Brot und die Suppe teilen oder auch im öffentlichen Leben miteinander gemeinsam einmal die Suppe auslöffeln, die wir uns manchmal einbrocken. Ich bin mir sicher, wir werden uns viel besser verstehen und schneller gemeinsam unsere Aufgaben lösen und bewältigen.“

Zum Abschluss Erich Kästner. Mag er das letzte Wort zum neuen Jahr haben, ich zitiere:

„Wird’s besser? Wird’s schlimmer?, fragt man alljährlich. Seinen wir ehrlich:
Leben ist immer lebensgefährlich.“

Alles Gute zum neuen Jahr!

Arne Schuldt
Bürgermeister